Nationale Wasserstoffstrategie

Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Sie erleben heute eine für diese Zeit eher ungewöhnlich sachorientierte Debatte mit einem kleinen Ausreißer von ganz rechts: vier Minuten ein Konvolut der Ahnungslosigkeit vom ersten bis zum letzten Satz.

(Lachen des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Sie hätten auch einfach sagen können: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts! – Das hätte dem Hause nicht schlecht getan.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine Damen und Herren, blicken wir nach vorne: Über uns wacht heute die Bundestagspräsidentin. Sie kommt wie ich aus dem schönen Duisburg. Und wenn ich als Duisburger über das Thema Wasserstoff spreche, dann spreche ich nicht nur über einen Energieträger, sondern auch über einen Hoffnungsträger: einen Hoffnungsträger für Regionen im industriellen Wandel; das betrifft dann nicht nur Duisburg, das betrifft auch andere Regionen, in denen Häfen und Werften angesiedelt sind. Also einen Hoffnungsträger, der eine Perspektive dafür bietet, dass aus der industriellen Tradition von Kohle und Stahl, jedoch CO-intensiver Produktion, am Ende eine neue Idee von Wirtschaften im Einklang mit den planetaren Grenzen entsteht. Die erste klimaneutrale Region Europas, ich würde sie mir im Ruhrgebiet wünschen, in jedem Fall in Deutschland. Das ist unser Ziel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Mit dieser Fortschreibung der Wasserstoffstrategie legt die Bundesregierung insgesamt die Grundlage.

Wasserstoff ist insbesondere in seiner stofflichen Nutzung ein großer Garant dafür, dass wir die Klimaziele erreichen. Es ist nicht allzu lange her, da war der Bundeswirtschaftsminister in Duisburg bei thyssenkrupp Steel und hat einen Förderbescheid in Höhe von 2 Milliarden Euro mit einer Kofinanzierung des Landes Nordrhein-Westfalen übergeben. Und ich habe das Aufatmen der Stahlkocher kilometerweit spüren können, weil damit auch eine Perspektive für ihre Arbeitsplätze verbunden ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Denn überall in unserer Industrie ist klar: Entweder wir bauen um oder wir bauen ab. Aber damit der Umbau gelingt, braucht es ambitioniertes Handeln, und dazu leistet diese Nationale Wasserstoffstrategie einen entscheidenden Beitrag.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Genauso ist es richtig, dass wir diese Technologie, dass wir diesen Energieträger überall dort anwenden, wo er zur Erreichung unserer Klimaziele und zum Erhalt des Wirtschaftsstandortes, des Infrastrukturstandortes beiträgt. Aber, meine Damen und Herren, mir ist wichtig, dass wir bei allem, was wir an schönen Ideen und an Hoffnungen haben, den Realismus nicht verlieren.

Manche Hoffnungen, die sich einige in Bezug auf Wasserstoff machen, werden sich nicht erfüllen. Wasserstoff ist weder der Champagner der Energiewende noch das Allheilmittel für alle Fragen, die sich unserem Standort stellen. Und ja, Technologieoffenheit ist ein wichtiges Gut. Aber wir dürfen nicht den Fehler machen, Technologieoffenheit so zu verstehen, funktionierende, effiziente, erprobte Technologien als Ideologie zu brandmarken, wie es einige immer wieder tun, und dafür unsere Hoffnungen auf Technologien, die weder erprobt noch jemals effizient sein werden, zu setzen. Es wird kein flächendeckendes Wärmenetz mit Wasserstoff geben. Die Wärmepumpe ist und bleibt die klügere Option. Und es ist richtig, dass die Strategie in diese Richtung auch einen entscheidenden Beitrag liefert, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Herr Jung, ich möchte zwei Punkte aus Ihrer Rede aufgreifen. Sie haben zum einen gesagt, es sei ein Fehler, jetzt nicht hinsichtlich der Farbattribute in alle Farben des Regenbogens zu investieren. Wenn es private Investoren gibt, die sagen: „Mensch, ich mache hier mal grauen, blauen, türkisen, was auch immer Wasserstoff in Deutschland“, dann sollen die das meinetwegen tun. Aber gerade, wenn wir begrenzte Haushaltsmittel haben, müssen wir doch alles für den Ausbau des grünen Wasserstoffs investieren und mobilisieren – Andreas Rimkus hat es angesprochen –: mindestens 10 Gigawatt Elektrolysekapazität in Deutschland. Das ist nicht nur für die Erreichung der Klimaziele wichtig, sondern auch als Wirtschaftsfaktor, weil wir bei den Elektrolyseur-Anlagen noch Weltmarktführer sind, und wir wollen es bleiben. Es wäre doch vollkommen absurd, da in die falsche Richtung zu gehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist noch einiges zu tun. Dieser Weg wird jetzt beschritten. Und um es mit den Worten von Rio Reiser zu sagen: „Schritt für Schritt ins Paradies.“

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ach herrje! – Enrico Komning [AfD]: Oh Mann!)

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

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