Haushalt 2022 - Schlussrunde
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für diesen Service und die pragmatische Lösung.
Herr Hauer, ich finde, wir können in dieser Debatte ja ganz unterschiedliche Positionen abwägen; das ist alles schön und gut. Aber dass ein Vertreter der Unionsfraktion und der regierungstragenden Fraktion der letzten Jahre dieser Regierung Zögern und Zaudern bei Nord Stream 2 vorwirft, ist schon ein Stück Dreistigkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich kann mich daran erinnern, wie Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin mit Ihrem Kanzlerkandidaten Armin Laschet im letzten Sommer diskutiert hat und dass er erklärt hat, warum man das nicht so dramatisch sehen sollte.
(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sie wissen schon, dass sich die Umstände verändert haben, ne? Sie wissen das schon! – Gegenruf des Abg. Otto Fricke [FDP]: Ach, dann auf einmal!)
Ich würde Ihnen an dieser Stelle einfach ein bisschen mehr Demut empfehlen; das wäre angemessen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in dieser Woche sehr viele, wie ich finde, bemerkenswerte und gute Reden von allen demokratischen Fraktionen gehört, von der Linken bis zur Union, Reden, die versucht haben, der Dramatik der Lage angemessen zu sein, die abgewogen haben, die Lösungen gesucht haben – viele gute Reden, und dann kam Friedrich Merz.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn man als Oppositionsführer der Union die erste Rede in der Generaldebatte in dieser aktuellen, dramatischen Situation hält, so viel Redezeit zur Verfügung hat wie nur wenige andere und kein Wort über das Leid in der Ukraine sagt, kein Wort über das Leid der Menschen, die aus der Ukraine hierhin fliehen,
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
kein Wort über die vielen Krisen, die wir ansonsten schon haben, sondern sich ausschließlich aus parteipolitischer Motivation mit der Bundeswehr und dem Sondermögen beschäftigt, dann hat man seine Verantwortung nicht ernst genommen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Ich kann da nur sagen: Wenn Sie so in der Opposition agieren, dann bin ich froh, dass Sie in der Opposition sind und nicht regieren.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)
Meine Damen und Herren, es ist ja nicht so – und manche Rede wirkte so –, als würde die aktuelle Krisensituation, der Krieg, auf eine ansonsten vollkommen heile Welt treffen, als hätten wir ansonsten eitel Sonnenschein gehabt. Die Coronapandemie ist ja nur das offensichtlichste Krisenmoment der letzten Jahre. Eine ungebremste Klimakrise, die Krise der Biodiversität, die Krise der multilateralen Ordnung, die Krise der Demokratie – all das war doch vorher schon da. Angela Merkel hat 2016 etwas Richtiges gesagt: „Die Welt ist aus den Fugen.“ Nur, Sie haben daraus nie die Konsequenzen gezogen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie haben weitergemacht, als gäbe es kein Morgen. Dieser Bundeshaushalt ist der Haushalt, der den Hebel umlegt. Es ist der erste Bundeshaushalt seit Jahren, der die Dramatik der Situation überhaupt erst mal reflektiert,
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das ist der erste Bundeshaushalt seit Olaf Scholz!)
der das multiple Krisenszenario ernst nimmt, die richtigen Schlüsse zieht und die richtigen Prioritäten setzt, um darauf zu reagieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Otto Fricke [FDP])
Meine Damen und Herren, für mich war der Tiefpunkt dieser Woche das Reden vieler über die sogenannte feministische Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Dass von der AfD dazu nur Quatsch kommt, hat mich nicht verwundert,
(Zuruf des Abg. Peter Boehringer [AfD])
wohl aber, dass aus Ihren Reihen dazu Häme und Spott kamen
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Das ist Oppositionsbashing! Vielleicht thematisieren wir mal den Haushalt! Vielleicht kommt mal der Haushalt und nicht ständig Oppositionsbashing! Mein Gott! So hilflos! Ist das hilflos! – Zuruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])
und das abgetan wurde, als wäre das irgendein Gedöns, und das von einem Oppositionsführer Friedrich Merz, der noch 1997 gegen die Strafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe gestimmt hat.
(Zurufe von der CDU/CSU)
Sie haben sich in den letzten Jahren dahin gehend radikalisiert, dass für Sie „Feminismus“ „Gendersternchen“ heißt und ansonsten nichts, und haben all die dramatischen Situationen, die Annalena Baerbock beschrieben hat, überhaupt nicht reflektiert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Reden Sie zum Haushalt, zur Sache!)
Ich kann Ihnen nur den Hinweis geben, dass Sie damit im Jahr 2022 keinen Boden mehr gutmachen werden.
Ich habe in den ersten Wochen hier im Deutschen Bundestag eine erfahrene Kollegin gefragt:
(Florian Oßner [CDU/CSU]: Ist das anmaßend! Eine Arroganz der Art!)
Waren wir 2005, als wir in die Opposition kamen, auch so albern? – Und sie hat gesagt: Wir hatten 2005, 2008, 2009 viele Krisen; da haben wir hier staatstragende Reden gehalten,
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
als Opposition die Regierung gestützt in der Eurokrise, in der Wirtschaftskrise 2008. – Und Sie haben diese Woche nicht genutzt, diese Form von oppositioneller Verantwortung zu zeigen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Dann war ich wohl zu der Zeit im falschen Raum! – Florian Oßner [CDU/CSU]: Eine Arroganz, zu bewerten, was die Opposition so macht! Unglaublich!)
Deshalb würde ich mich freuen, wenn Sie die Gelegenheit in den nächsten Wochen noch wahrnehmen.
Wir werden als Koalitionsfraktionen die Haushaltsberatungen nutzen, einen guten Entwurf noch besser zu machen. Ich freue mich auf Ihre Vorschläge, wie wir das noch besser hinbekommen können.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Florian Oßner [CDU/CSU]: Kein Wort zum Haushalt! Das musst du wirklich zustande bringen! Aber andere kritisieren! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Das ist wie beim Kollegen Hauer! Da gab’s auch kein Wort zum Haushalt, nur blanke Angriffe!)