Wie der Wasserstoffhochlauf gelingt

Das Thema Wasserstoff ist in aller Munde – bei mir zu Hause in Duisburg und weit darüber hinaus. Wasserstoff ist der Hoffnungsträger für eine zukunftsfähige, klimaneutral produzierende Industrie. In dieser Woche hat die Europäische Kommission Kriterien zur Definition von grünem Wasserstoff vorgelegt. Leider enthält das Papier der EU-Kommission auch einige kontraproduktive Elemente, etwa die Berücksichtigung von Atomstrom für “grünen” Wasserstoff.

Wie die deutsche Bundesregierung darauf reagieren sollte und was aus meiner Sicht für einen schnellen Hochlauf grünen Wasserstoffs (nicht nur) für die industrielle Verwendung nötig ist, habe ich in einem Positionspapier aufgeschrieben, über das das Handelsblatt heute exklusiv berichtet. Das Papier im Original findet sich hier.

In diesem Positionspapier mache ich konkrete Vorschläge zur Definition grünen Wasserstoffs (in Abweichung vom Kommissionsvorschlag), zu einem verantwortlichen Umgang mit “blauem” Wasserstoff auf Erdgasbasis als möglicher Technologiebrücke und zu den Investitionsbedingungen für den Ausbau der Wasserstoffnetze, die im Rahmen der europäischen Gasbinnenmarktregulierung festgelegt werden. Mein Fokus liegt auf einem konstruktiven Umgang mit den Plänen der EU-Kommission – und gleichzeitig scheint mir wichtig, dafür zu sorgen, dass fossile und nukleare Lock-Ins verhindert werden.

Die Debatte findet nicht im luftleeren Raum statt. Der US-amerikanische Inflation Reduction Act ist eine riesige Chance für den internationalen Klimaschutz und gleichzeitig eine Herausforderung für Deutschland und Europa als Industriestandort. Wenn wir diese Herausforderungen annehmen und unser eigenes Ambitionsniveau beim Umbau unserer Industrien anheben wollen, wird der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Wasserstoffwirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Deutschland und Europa waren eine Zeitlang führend im Wasserstoffsektor, drohen aber nun ins Hintertreffen zu geraten. Viele Unternehmen überlegen nun, in den USA zu investieren. Eine Gefahr sind die unklaren Investitionsbedingungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Elektrolyse bis hin zu den Übertragungsnetzen.

Nach einem dreijährigen Prozess hat die EU-Kommission nun in Form delegierter Rechtsakte festgehalten, welche Rahmenbedingungen für Unternehmen gelten, die in die Erzeugung von grünem Wasserstoff investieren wollen. Es ist gut, dass dies nun endlich vorliegt, auch wenn sich die Kommission viel Zeit gelassen hat. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft ist das Nadelöhr für die Dekarbonisierung der Industrie. An der Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff hängt die Erreichung des Ziels, Industriestandort zu bleiben und gleichzeitig klimaneutral zu werden.

Gerade die energieintensive Grundstoffindustrie braucht Planungssicherheit. Die durch den russischen Angriffskrieg ausgelöste Energiekrise hat die Bemühungen zur Transformation in den Hintergrund rücken lassen – jetzt ist es an der Zeit, umso entschlossener den Hebel umzulegen. Das setzt jedoch kluge Regulierung, ein sicheres Investitionsumfeld und Anreize zur 100-prozentig klimaneutralen Produktion voraus.

In meiner Zuständigkeit als Berichterstatter für Industriepolitik und Energiewirtschaft der Grünen Fraktion im Deutschen Bundestag begleite ich das Thema Wasserstoff(wirtschaft) intensiv. Vor allem im letzten Jahr habe ich mich in einer Vielzahl von Branchengesprächen, Austauschformaten und auch einem eigenen Fachgespräch dieser Thematik gewidmet. Im Dezember habe ich etwa ein Fachgespräch zum Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft ausgerichtet, in dem Dr. Patrick Graichen, Beamteter Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BWMK), Klaus Müller (Präsident der BNetzA), Dr. Marie Jaroni (Thyssenkrupp Steel), Werner Diwald (DWV), Michaela Holl (Agora Energiewende) und Michael Bloss (MdEP) gemeinsam diskutiert haben. Die Ergebnisse dieses Gesprächs sind auch in das Positionspapier eingeflossen.

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